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BTX, Blue Chips, meine Mutter & Dotcom – Wie ich zur Börse kam

BTX, Blue Chips, meine Mutter & Dotcom – Wie ich zur Börse kam

Aktien BTX Dotcom wie ich zur Börse kam

Meine ersten Erinnerungen an den Aktienhandel und von der Börse sind nicht gerade sehr positiv.

Ich musste vor der Sparkasse still neben meiner Mutter stehen, die auf ausgehängten Listen, die Kurse der DAX Werte von vor 3 Tagen durchgelesen hat und sich mal freute und mal fluchte.

Und manchmal ging es auch in die Filiale rein, dann wurde ich irgendwo hingesetzt und hörte die Worte „du wartest hier kurz und bist ruhig“.

Wohlgemerkt musste ich da einfach ruhig sitzen und brav sein. Es gab damals noch keinen Gameboy und ein Smartphone schon gar nicht. (Gut, den Gameboy gab es vielleicht schon, nur hatte ich den da noch nicht.)
Meine Mutter ging an den Bankschalter und platzierte eine Kauf- oder Verkaufsorder und hin und wieder wurde auch versucht an Kursinformationen zu kommen, die nur wenige Stunden alt waren. Wenn gekauft oder verkauft wurde, warteten wir gemeinsam auf die Rückmeldung aus Frankfurt.

Irgendwann, nach einer halben Stunde oder länger (ich weiß es nicht mehr), kam der Bankangestellter und erzählte meiner Mutter, dass die Order durch war und zu welchem Kurs nun gekauft oder verkauft wurde. Dann konnten wir wieder nach Hause gehen.

Kann man sich heute – mit dem Smartphone in der Hand – gar nicht mehr vorstellen.

Wie kam meine Mutter zum Aktienhandel?

Mein Vater hat für eine große deutsche Airline gearbeitet und irgendwann, es muss so um 1989/1990 gewesen sein, da sollte er plötzlich Aktien geschenkt bekommen. Meine Eltern saßen dann abends zusammen und fragten sich, ob die Firma nun meinem Vater was Gutes oder was Schlechtes tun wollte.

Was soll das sein, eine Aktie? Diese Frage wurde beim Abendbrot diskutiert. Da beide nicht schlauer wurden, beschloss meine Mutter, am nächsten Tag einfach mal zur Sparkasse zu gehen und dort nachzufragen. Denn die sollten es ja wissen.

Wie das Gespräch genau gelaufen ist, weiß ich nur noch grob aus den Erzählungen. Die Attribute herablassend, arrogant und erniedrigend beschreiben es aber wohl ganz passend. Das Fazit des Gesprächs war, das der Bankberater wohl meinte, dass eine Hausfrau sich eher um die Kindererziehung zu kümmern hat und das Thema Aktien wohl eher dem männlichen Geschlecht überlassen sollte.

Der Mann kann echt froh sein, dass meine Mutter ihm keine geklatscht hat. Tagelang hat sie vor Wut gekocht und damit meine ich kein Essen!

Plötzlich lagen in unserem Wohnzimmer überall Finanz- und Börsen-Magazine. Wenn es ihr keiner erklären wollte, dann musste das Thema halt selbst erlernt werden.

Selbst ist die Hausfrau – Den Aktienhandel selber lernen

Und so kam es, dass meine Mutter aus reinem Trotz, zur Aktionärin wurde. Daher nahm mein Vater natürlich das Aktienpaket an und es sollte nicht bei diesen Aktien bleiben.

Ich erinnere mich an unzählige Besuche bei unserer Sparkassenfiliale. Selbst im Urlaub wurde immer schnell geschaut, wo gibt es eine Bank, die die DAX Kurse im Schaufenster aushängen hat. Kann sich heute niemand mehr vorstellen, zur Bank zu fahren nur um zu schauen, ob die Tesla Aktie nun gestiegen oder gefallen ist?

Warum man zur Bank gefahren ist? Weil es noch kein Internet und kein Smartphone gab!

Wenn du damals wissen wolltest, wann der Bus fährt, dann bist du einfach zur Bushaltestelle gelaufen und hast dir den Fahrplan angeschaut. Ja, so lief das damals. Unser WhatsApp-Gruppenchat in der Schule lief damals noch mit Papier und Bleistift. Das Papier wurde gefaltet und unauffällig weitergereicht.

Irgendwann waren die Angestellten in unserer Sparkassenfiliale von meiner Mutter so genervt, dass meine Mutter eine Telefonnummer bekam. Vielleicht war es aber auch nur der technische Fortschritt. So genau kann ich es heute nicht mehr sagen.

Ab dem Zeitpunkt konnte meine Mutter Kurse telefonisch abfragen und eine Order platzieren, ohne das Haus verlassen zu müssen. Ich weiß noch, wie sehr sie sich über diesen Zeitgewinn gefreut hat. Zudem waren die Kursinformationen über das Telefon nur noch wenige Stunden und nicht mehr, mehrere Tage alt.
Aus heutiger Sicht sehr amüsant, wie man sich über so etwas freuen konnte.

Ein paar Jahre später, das muss so 1993-95 gewesen sein, bekam unser Computer einen ISDN-Anschluss.

Meine Mutter hatte erfahren, dass sie auch das Telefonieren nicht mehr braucht. Sie konnte jetzt über BTX selbst Aktienkurse abfragen und eine Order platzieren.

BTX – das war quasi die Vorversion des Internets. Eine Art interaktiver Bildschirmtext. Man konnte hier verschiedene Dienste ansteuern. Statt www.google.de musste man eine Zahlenkombination eintippen, die mit Stern „*“ anfing und mit der Raute „#“ aufhörte.

Ich habe hier einen BTX Screenshot von der damaligen „Otto-Seite“ gefunden, um ein Gefühl zu bekommen, wie das damals aussah.

BTX am Beispiel der Otto-Seite
BTX am Beispiel der Otto-Seite (Quelle)

Es ist mir heute völlig unbegreiflich, wie meine Mutter sich plötzlich das BTX System beigebracht hat. Wikipedia, YouTube oder Social Media gab es damals noch gar nicht.

Aber wir hatten plötzlich Internet – mit minutengenauer Abrechnung juhu!

Die Consors revolutionierte den Aktienhandel

1994 sollte Karl Matthäus Schmidt, Bankierssohn in der sechsten Generation, den Aktienhandel revolutionieren.
Er gründete die Consors. Die Consors war der erste Online-Broker in Deutschland.

Die Consors bot natürlich deutlich günstigere Gebühren an und der Hammer, jetzt haltet euch fest, die Kurse wurden in Echtzeit angezeigt!
Meine Mutter war natürlich Kundin der ersten Stunde, mit Bargeld in der Handtasche fuhr sie gleich selbst direkt in die Zentrale und eröffnete ihr Depot.

Das war wirklich eine Revolution. Über das Internet konnte man schick und einfach Kurse abfragen und zu deutlich günstigeren Konditionen Aktien kaufen und verkaufen. Was heute absoluter Standard ist, hat meine Mutter damals monatelang gefreut.

Ich hatte mich damals aber auch riesig gefreut, denn meiner Mutter wurde unser alter PC einfach zu langsam (das müsste ein 486er gewesen sein). Wir bekamen einen neuen Computer, ich glaube, es war einer der ersten Intel Pentium CPU’s. Wenn ich mich richtig erinnere, müsste es der 133MHz gewesen sein und die Festplatte war 250 MB groß. Megabyte wohlgemerkt, nicht Gigabyte!

Ich weiß es noch wie heute, wie ich all meine Diskettenspiele auf die Festplatte kopiert habe und mich gefreut habe, dass die Festplatte nicht voll wurde. Nur mal so am Rande, welche Vorteile der Aktienhandel auch für Kinder ermöglichte 🙂

Immer nur steil nach oben

Meine Mutter war wirklich erfolgreich. Die ganzen Jahre bis ins Jahr 2000 liefen hervorragend. Meine Mutter probierte viel aus und hatte oft Glück. Zum Beispiel ist sie bei der Baan rechtzeitig vor dem Absturz ausgestiegen. Baan war eine niederländische Software Firma, die als „neue“ SAP gehypt wurde.

Hier wurde eine ERP Software entwickelt die besser, schicker und toller war, als die von SAP. Baan machte jedes Jahr Gewinnsprünge von 70 % und der Aktienkurs stieg und stieg.

Problem war, die Geschäftsführung betrieb Bilanzfälschung und weitere krumme Dinger. Die Aktie schmierte natürlich völlig ab und wurde (glaub ich) sogar vom Markt genommen. Meiner Mutter waren die paar erfolgreichen Jahre genug und sie stieg vorher aus. Reines Glück!

Auch bei dem Börsengang der Deutschen Telekom war sie tiefst beleidigt, dass sie keine Aktien abbekommen hat – obwohl sie es auch über die Depots von uns Kindern versuchte. Leider gab es nicht eine einzige Aktie. Darauf hin mied sie die Telekom aus reinem Trotz. Ebenfalls großes Glück gehabt.

Dann kam 1997 der „Neue Markt“. MobilCom war das erste Unternehmen im Index. MobilCom war angetreten der Deutschen Telekom den Kampf anzusagen und ihr das Leben schwer zu machen. Ein Jahr später waren schon 61 Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von 26 Milliarden Euro am Neuen Markt gelistet (Quelle: FAZ.net). Dann 100 Unternehmen und 2001 waren es schließlich schon stolze 337 Unternehmen am „Neuen Markt“.

Der Neue Markt gab Start-up’s, vor allem in der Technologie- und Kommunikationsbranche, einen prominenten Platz.

1998 wurde ein Index, der Nemax (grob gesagt, der Vorläufer vom TecDAX), erstellt. Zurückgerechnet ist dieser 1997 bei 500 Punkten gestartet. Am 10. März 2000 erreicht dieser sein Allzeithoch bei 8559,32 Punkten. Innerhalb von 3 Jahren sprang der Index um über 8000 Punkte! Neben dem Nemax All Share gab es noch einen Nemax50, für die 50 „besten“ Blue Chips.

Ihr könnt euch nicht vorstellen was damals los war. Jeder der an der Börse war, wollte „Blue Chips“. So nannte man diese Aktientitel, daher wurde der Nemax Index auch meistens Blue Chip Index genannt.

1999 war das absolute Boom-Jahr. Es gab 132 Neuemissionen am Neuen Markt.

Jeder der irgendwie eine gute Idee in der Branche hatte, ging sofort an die Börse.
Gewinne oder ein Geschäftsmodell brauchte man damals nicht 🙂

See Also
Bundesregierung kassiert Dividendenzahlungen ein

Keine Sau wollte mehr DAX Titel haben, alle strömten in den Nemax.

Jedes Start-up wollte in diesen Index und jeder Aktionär wollte in die Titel investieren. Hier sind wir wieder beim Traum vom schnellen Reichtum. 1997 gab es 5,6 Mio. Aktionäre in Deutschland. Im Boom-Jahr 1999 waren es 12,9 Mio. Aktionäre (Quelle: Welt.de)! Innerhalb von nur 2 Jahren verdoppelte sich die Zahl der Aktionäre in Deutschland. Jeder hörte von den „Blue Chips“ und wie die Kurse explodierten.

Und die Banken haben jeden an die Börse gebracht der wollte.

Der große Knall – die Dotcom Blase platzt

Ende 2000 ging es dann langsam los. Die ersten Firmen gingen in die Insolvenz. Kurze Zeit später ging es los mit ersten Meldungen über Betrug. Denn nicht wenige Firmen halfen nach und ließen bei der Präsentation von Geschäftszahlen ihre Fantasie und ihre Wünsche sprechen.

Kennt jemand die Comroad AG? Heute, nach 20 Jahren, sagt einem der Name nichts mehr. Aber damals war der Laden absolut hip! Man „digitalisierte“ das Auto und entwickelte u.a. Navigationssysteme. Einer DER Blue Chip Werte überhaupt!

17 Umsatzsteigerungen in Folge wurden vermeldet. Jeder wollte dabei sein. Dumm nur, dass sich irgendwann herausstellte, dass 95 % aller Einnahmen einfach erfunden wurden. Hat aber 17 Mal ohne Probleme funktioniert.

Der Volkssport zu dieser Zeit hieß „Spekulation mit Neuemissionen„. Als Infineon damals (im Jahr 2000) an die Börse ging, kollabierten die Handelssysteme der Deutschen Börse (könnt ihr bei Wikipedia nachlesen) so stark war die Nachfrage!

Dann ging es Anfang 2001 ganz schnell. Allgeier, Telegate, EM.TV (die mal Fußball-Sender spielen wollten), SAP SI, Intershop und viele weitere mussten Gewinnwarnungen aussprechen. Erste Neuemissionen wurden verschoben, wegen der „ungünstigen Marktsituation“ (Quelle: FAZ.net)

Da nun Millionen von unerfahrenen Aktionären an der Börse unterwegs waren, wurde aus dem ersten Kursrutsch in 2001 gleich ein massiver Kursverfall. Zwar blieben viel zu viele Aktionäre dem „Buy and Hold“ treu und haben damit reihenweise ihr Geld verloren.

Am 01. März 2001 stand der Nemax50 bei 1830 Punkten, der Höchststand war fast genau 1 Jahr vorher bei über 9000 Punkten. Besser kann man die Geldvernichtung nicht beschreiben.

Der Hype war plötzlich vorbei und die Realität war wieder voll da. Von den 337 Blue Chip Überfliegern gingen direkt mal 97 Firmen in die Insolvenz, da hilft auch kein Buy and Hold mehr! Ehrlich! Daher auch mein Artikel „Warum Buy and Hold gefährlich werden kann„.

Wer die Geschehnisse in der Dotcom-Blase noch genauer nachlesen möchte, findet im Manager-Magazin eine tolle Chronik.

Meine Mutter wusste es besser

Meine Mutter war beim Knall der Dotcom Blase gar nicht so groß im Neuen Markt investiert. Denn meine Mutter hat das Geld ganz groß in chinesische Titel investiert.

Das Jahr 2000 war in China das Jahr des Drachen und das ist wohl ganz toll.

Irgendwie ist das Drachen-Jahr nur alle 20 Jahre und von daher war jetzt die Chance da. Der Drache steht für Energie und das sollte die Börse in China zu neuen Höchstständen treiben. Meine Mutter war total fasziniert und glaubte an das nächste ganz, ganz große Ding.

Mein Börsen Fazit

Nach meinem Artikel „Warum ich Aktien scheiße suboptimal finde„, habe ich zum ersten Mal auch nicht ganz so nette E-Mails erhalten. Es gibt scheinbar echte Aktien-Verfechter, die es nicht leiden können, wenn Jemand „kritisch“ über Aktien schreibt.
Aktien sind keine Allheilsbringer. Natürlich sind auch für mich Aktien die Anlageform Nummer 1 aber ich investiere in Aktien trotzdem lieber über ETFs.

Jeder wie er es selbst am besten findet. Aber Achtung, gerade bei den immer beliebter werdenden Dividenden ETF ist nicht immer alles Gold was glänzt.

Und du?

Ich bin mir sicher, dass es auch genug Leser gibt, die in dieser Zeit selbst schon aktiv an der Börse waren. Von daher schreibe doch in den Kommentaren mal, wie du durch die Dotcom Blase gekommen bist!
Mein Artikel basiert auf meinen Erinnerungen und mag sicherlich die ein oder andere Lücke haben. Von daher würde ich mich auf einen regen Austausch freuen!

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  • Moin Hobby-Investor,

    Ich bin seit ein paar Monaten stiller Leser hier. Diesen Beitrag finde ich grandios, die BTX- Geschichten erinnern mich an meine Kindheit. Auch wenn ich damals weit von irgendwelchen Aktiengeschichten entfernt war.

    Ich habe einen Onkel welcher seine Orders
    heute noch per Telefon durchgibt und, soweit ich weiss, bisher immer ein gutes Händchen hat.

    Bitte lass uns wissen, wie es deiner Mutter erging!

    Liebe Grüsse,

    Boono

    • Hallo Boono,

      aufgrund meines Urlaubes folgt die Antwort etwas verspätet.
      Freut mich, dass dir der Artikel gefällt!
      Habt ihr es bei deinem Onkel mal mit einem Smartphone versucht 😉 ?

      Ich werde definitiv noch einen weiteren Teil veröffentlichen und die Geschichte weiter erzählen.

      Schöne Grüße
      Sebastian

  • Ein wirklich sehr lesenswerter Artikel. Ich bin ebenfalls sehr gespannt, wie es mit deiner Mutter weitergeht.
    Hoffe du hältst uns auf dem Laufenden?

    Gruß
    Elmar

  • Vielen Dank für diese kurzweilige Börsengeschichte. „Tagelang hat sie vor Wut gekocht und damit meine ich kein Essen“ – lustig, das kann ich mir gerade lebhaft vorstellen. Egal wie das nun weiterging, zu Deiner Mutter kann man Dich nur beglückwünschen.
    Ich habe 1987 mit Belegschaftsaktien eines heute nicht mehr ganz so großen Telecom Unternehmens angefangen, ohne genau zu wissen was das ist. Gabs halt günstig und dann nimmt man einfach was. 1993 dann der erste „richtige“ Aktienkauf, Computer 2000, klang gut und ich glaubte was davon zu verstehen. Damals hatte ich einen Freund aus Jugendzeiten, der bei einer Bank arbeitete und mir das notwendigste erklärte. Ich musste somit nicht an den Banktresen und versuchen irgendjemand zu überzeugen, das er irgenwelches hypergefährliche Teufelszeug für mich kaufen sollte. Telefonhandel! Ganz Easy. Ohne Internet und sonstige elektronischen Hilfsmittel. Sparbuch (das rote!) war langweilig und irgendwo musste das verdiente Geld ja hin.
    Aktienkurse gabs damals gefühlt realtime aus dem Wirtschaftsteil der Tageszeitung, für die ungeduldigen auch (wie Du so schön beschreibst) abends auf dem Nachhauseweg im Schaufenster irgendeiner Bankfiliale. Oder teure Telefon Hotlines mit Bandansagen, die alle paar Stunden aktalisiert wurden. Paar Jahre später dann der Umstieg aufs „Internet“. Wann und wie kann ich mich leider nicht mehr erinnern.

    Ja und dann der Neue Markt. Da lief jeder und auch ich wie besoffen rum und es gab sowieso nur eine Richtung. Man guckte sich beim reich werden zu und rechnete hoch, wann man nicht mehr arbeiten musste. Selbst als die Kurse fielen, hab ich noch ein paar fallende Messer gekauft. Und weils so schön weh tat, das man sich nicht damit beschäftigen wollte, Verluste laufen lassen!
    Dabei war die Dot.Com Blase erstmal gar nicht so schlimm. Das hätte man notfalls aussitzen können. So richtig abwärts ging es dann nach 9/11 und in 2002 habe ich dann auch die Verluste realisiert. Trotz redlicher Anstrengungen hatte ich aber den Tiefpunkt nicht ganz erwischt. Schwacher Trost.

    Hört sich schlimm an, jetzt kommt der gute Teil. Ich hatte Nokia seit Anfang 1997 und die hatten sich durch diverse Aktiensplits ohne mein Zutun vermehrt. Und die hatte ich am 3. Juli 2000 bis auf kleinen Restbestand verkauft. Die Entscheidung fiel bei einem ausgedehnten Mittagsspaziergang – danach hatte sie jemand anders und ich das Geld. Das hat alle anderen Fehler ausgebügelt und ich habe Dot.Com mit einem (oder waren es zwei?) blauen Augen überstanden. Rückblickend fühlt sich das an wie eine durchzechte Nacht, bei der man auf dem Nachhauseweg im Morgengrauen irgendwie unfallfrei eine belebte Straße überquert hat.

    Ich habe ein bisschen draus gelernt und weiter gemacht. Aufstehen und weitermachen. Wie im richtigen Leben, da kann man auch nicht einfach aufhören. Demnächst kann ich dann mit 59 Jahren meine finanzielle Freiheit geniessen. Hätte besser laufen können, aber schlecht ist es jetzt auch nicht.

    Zum Thema Einzelaktien vs. ETFs: Ich stehe nach wie vor auf Einzelaktien. Weil ich damit groß geworden bin, das prägt halt. „Damals“ gab es keine ETFs und die Fonds waren auch damals schon überwiegend schlecht und teuer. Für mich ist das kein Grund zum streiten. Kann mir vorstellen, demnächst auch umzuschichten, um mehr Zeit zu gewinnen (wer Bekannte im Rentenalter hat, weiß wovon ich spreche!).

    Hoffe ich habe niemanden gelangweilt.
    Grüße, Günther

    • Moin Günther,

      gelangweilt? Hallo?
      Tolle Geschichte. Immer sehr interessant, wen andere „erfahrene“ Börsianer aus dem Nähkästchen plaudern.
      Ich hätte mich sehr gefreut, wenn noch weitere Leser ihre Geschichten erzählt hätten!

      Und Glückwunsch zur bald erreichten finanziellen Freiheit!

      Danke dir!

      Schöne Grüße
      Sebastian

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